© 2014 Holger Albers

März 2015: Schrei mich nicht an!

Manchmal ist es nur ein ganz normaler Aussagesatz, der uns in einem Werbeflyer direkt anspringt oder aus einem Schaufenster heraus. Was ihn so anziehend macht für unser Auge ist das Satzzeichen am Schluss: das Ausrufezeichen. Wir erinnern uns an seine ursprüngliche Bedeutungen. Danach steht es etwa bei Warnungen, bei befehlsartigen Aufforderungen oder - wie der Name schon sagt - bei Ausrufen.


Nun lesen wir also "Wir sind Ihr Partner für alle Druckfragen" an einem Kopierladen. Eigentlich eine schlichte Aussage. Eine Aufforderung ist nicht zu erkennen, eine Warnung soll es wohl auch nicht sein. Dennoch wird der Satz mit Ausrufezeichen versehen. Damit es auch wirklich alle verstehen, nicht mit einem, sondern gleich mit drei (!) Ausrufezeichen! Da stellt sich doch die Frage: Was soll das?! Man möchte dem Drucker zurufen: Schrei mich nicht so an!


Die Inflation der Rufzeichen macht sie beliebig. Ihre herausragende Funktion, nämlich Aufmerksamkeit zu erzielen, verlieren sie, wenn sie zu oft eingesetzt werden. Haben Sie es wirklich nötig, Ihre Werbung und Ihre Texte aussehen zu lassen wie das Redemanuskript eines Marktschreiers?


Fragen Sie sich bei jedem Ausrufezeichen, ob es dort wirklich notwendig und sinnvoll ist. Zurückhaltung ist in Zweifelsfällen besser. Und wenn überhaupt, dann reicht ein Ausrufezeichen; mehr zu verwenden ist kein Ausdruck guten Stils. Richtig eingesetzt, also sparsam, verhilft das Ausrufezeichen den wirklich wichtigen Dingen zu dem Gewicht, das ihnen zusteht.




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